Die EU-Staaten verhängen nach der erzwungenen Landung einer Ryanair-Passagiermaschine in Minsk neue Sanktionen gegen die frühere Sowjetrepublik Belarus. Wie ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel nach Beratungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel mitteilte, sollen belarusische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen und auch nicht mehr auf Flughäfen in der EU starten und landen dürfen.
Darüber hinaus forderte der Gipfel den EU-Ministerrat auf, „weitere gezielte Wirtschaftssanktionen“ gegen das Land zu verhängen. Zudem sollten weitere belarusische Vertreter und Organisationen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden. Gegen sie würden dann Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gelten. Mehrere Vertreter des Regimes stehen bereits auf der Sanktionsliste. Sie wurde nach dem gewalttätigen Vorgehen der Regierung gegen die Demokratiebewegung erlassen.
Machthaber Lukaschenko drangsaliert nicht mehr nur die Opposition im Inneren, so der Eindruck vieler, er attackiert jetzt auch die Nachbarn und ist damit zum Risiko für Europa geworden.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte, die EU werde so lange Druck „auf das Regime Lukaschenko“ ausüben, „bis es die Freiheit der Meinung und die Freiheit der Medien respektiert“. Sie sprach von einem himmelschreienden Verhalten, das strenge Konsequenzen nach sich ziehen werde.
Was die ungewohnte Einigkeit unter den 27 Staaten auslöste – nicht mal Viktor Orbán scherte dieses Mal aus – war die gemeinsame Furcht vor weiteren gefährlichen Machtdemonstrationen aus Minsk. Wer ein ziviles Flugzeug nach Art von Luftpiraten mit einem Kampfjet vom Kurs abbringen lässt, nur um einen jungen Regimegegner festzusetzen – dem dürften auch noch andere Tabubrüche zuzutrauen sein.